Zwölf Tage lang gedemütigt und zum Telefonsex gezwungen


Kiel – Die gewaltsame Entführung einer jungen Frau, die misshandelt und tagelang eingesperrt wird – bei solchen Verbrechen drängt sich gewöhnlich wie von selbst ein männliches Täterbild auf. Doch es sind zwei junge Frauen, die sich vor dem Kieler Landgericht wegen solcher Vorwürfe zu verantworten haben. Die beiden gut miteinander befreundeten Angeklagten – eine Blonde (20) und eine Dunkelhaarige (18) aus Kaltenkirchen – haben zum Prozessauftakt im Kern gestanden, am 3. Mai 2006 eine 25-jährige Bad Bramstedterin in ihren Pkw gelockt, gequält und in einer Wohnung in Fuhlendorf (Kreis Segeberg) festgehalten zu haben. Zwölf Tage dauerte das Martyrium der Entführten, die schließlich während der Abwesenheit der Angeklagten fliehen und die Polizei alarmieren konnte.

Gestern schilderte das als Nebenklägerin zugelassene Opfer vor der Jugendstrafkammer die schlimmste Erfahrung ihres Lebens. Die ältere Angeklagte war ihr als ehemalige Nachbarin bekannt. Die Zeugin folgte deshalb auch noch gegen 22 Uhr ihrer telefonischen Einladung zum gemeinsamen Kneipenbesuch und ließ sich von den jungen Frauen im Pkw abholen.

In dem BMW schlug die Stimmung schnell um, so die Zeugin. Ihr wurde vorgeworfen, ihr Bruder habe den Ehemann der Blonden hinter Gitter gebracht und sie selbst habe mit ihm geschlafen, berichtete die vom Weißen Ring betreute Nebenklägerin. Immer wieder habe sie diese Behauptungen als absurd zurück gewiesen. Trotzdem habe man sie geschlagen und getreten, ihr die Handtasche abgenommen, sie in einem Waldstück unter Vorhalt einer Pistole zum Entkleiden gezwungen. Splitternackt sei sie von ihren Entführerinnen unterwegs mehreren Männern auf der Straße als Hure gegen Bezahlung angeboten worden.

Später in der Fuhlendorfer Wohnung habe man sie als Gefangene hinter verschlossenen Türen und Fenstern gehalten, roh misshandelt, zum Telefonsex und zum Putzen gezwungen. Sie und später auch eine zweite Gefangene hätten Alkohol und Urin bis zum Erbrechen trinken, vor einer Kamera gemeinsam oder einzeln sexuelle Handlungen vorführen müssen. Dabei hätten sie lächeln sollen, “damit es nicht so künstlich aussieht”.

Mehrere Möglichkeiten zur Flucht hatte die Entführte nach eigenen Angaben aus Angst vor den aggressiv und entschlossen auftretenden Heranwachsenden und ihrem kriminellen Umfeld nicht genutzt. So habe sie die Angeklagten zur Bank, in ein Sonnenstudio und zum Einkaufen begleiten müssen. Stattdessen habe sie versucht, zum Schein auf alle Forderungen einzugehen, “um ihr Vertrauen zu gewinnen”.

Während der zwölf Tage habe sie “so gut wie gar nicht geschlafen und kaum einen Bissen herunter bekommen”, so die Zeugin. Wenige Stunden nach ihrer Flucht am 14. Mai 2006 waren ihre Peinigerinnen festgenommen worden. Sie sitzen seitdem in Untersuchungshaft.

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